Heute gibt es einen weiteren kleinen Einblick in den 6. Band von Necare. Darin steht Force kurz vor einer Begegnung, die alles ändern und sie in große Gefahr stürzen wird. 😉
In den nächsten Stunden verstärkte sich das Licht der Kugel tatsächlich immer weiter. Das Pulsieren wurde schneller und machte deutlich, dass wir uns etwas oder jemandem näherten.
Devil legte seine linke Hand um sein anderes Handgelenk und konzentrierte sich darauf. »Ich sollte wohl besser versuchen, die Kugel näher zu mir zu ziehen. Wenn wir in die Stadt müssen, wäre es ziemlich auffällig, mit diesem Zauber umherzulaufen.«
Tatsächlich gelang es ihm, das Licht direkt an den Lichtreif zu legen, der noch immer um sein Handgelenk gesponnen war. Er streifte den Ärmel seines Mantels darüber, sodass für andere nichts mehr zu sehen war.
Auch die Stimmung unter den Soldaten änderte sich. Sie schienen kampfeslustig, fast schon euphorisch zu werden. Mir dagegen war es ein Rätsel, wie man auf diese Begegnung hin fiebern konnte. Je näher wir Urfels kamen, desto schlechter wurde mein Gefühl. Es war, als würde sich eine eisige Hand um mein Herz schlingen und es zerquetschen wollen. Ein unheimlicher Druck breitete sich in meinem Körper aus, der Kälte mit sich brachte und mich zittern ließ. Übelkeit stieg immer wieder in mir hoch, die mich schier schwindeln ließ. Irgendetwas würde hier geschehen und alle meine Sinne rieten mir, nein, schrien mir entgegen, so schnell wie möglich von hier zu fliehen. Aber was hatten wir für eine Wahl? Selbst wenn ich meine Bedenken ausgesprochen hätte, es wäre klar gewesen, dass Devil nicht darauf hätte eingehen können.
So wurde mein Gefühl zusehends schlechter, je näher wir der Stadt kamen. Von Weitem ließen sich bereits die Zinnen der Dächer erkennen. Die Häuser schmiegten sich in eine sanfte Ebene, die von einer grünen Hügelkette umsäumt war. Auf den ersten Blick machte die Stadt einen hübschen Eindruck und auch als wir an den ersten Häusern vorbeikamen, bestätigte sich dieser. Fachwerkhäuser säumten die Straße, deren Fassaden mit weißer Farbe getüncht waren. Ein schmaler Fluss zog seine Bahn durch Urfels, der von mehreren Brücken überzogen war. Je näher wir ins Zentrum gelangten, desto umtriebiger wurde es. Ich sah viele Schmieden, Werkstätten und Schmuckhändler.
»Urfels ist eine recht wohlhabende Stadt«, erklärte Devil. »In den Hügeln ringsherum wird viel Eisen abgebaut und auch andere wertvolle Metalle werden dort immer wieder gefunden.«
Als die Straßen zusehends enger wurden, stiegen wir von unseren Pferden ab und führten sie zu Fuß weiter. Devils Blick glitt währenddessen wiederholt zu dem leuchtenden Armreif. Hier und da änderte er die Richtung, aber es war ihm deutlich anzusehen, dass wir unserem Ziel stetig näher kamen, was dafür sorgte, dass sich mein Magen weiter zusammenzog. Ich schaute in die Menge, suchte mir einzelne Gesichter heraus und versuchte, in irgendeinem davon das auszumachen, was ich bereits in meinen Träumen gesehen hatte.
»Vielleicht sollten wir uns in den Gasthäusern umsehen«, schlug einer der Soldaten vor, nachdem Devil stehen geblieben war und sich leicht drehte, um den richtigen Weg auszumachen. Es schien immer schwerer zu werden, die nur leichten Impulsänderungen wahrzunehmen.
»Keine schlechte Idee. Irgendwo wird der Kerl ja schlafen müssen«, stimmte Kowar zu.
Devil drehte sich erneut, hielt die Hand ausgestreckt und versuchte, das Pulsieren zu deuten.
»Wir könnten uns auch trennen, möglicherweise finden wir jemanden, der uns auffällig erscheint«, schlug ein anderer Soldat vor.
»Das wird uns wohl kaum helfen«, erwiderte Devil. »Warum sollte der Kerl sich auffällig verhalten? Ich glaube eher, dass er recht angepasst sein wird.«
Erneut blickte ich mich um, konnte aber niemanden erkennen, der auch nur ansatzweise demjenigen ähnelte, den ich aus meinen Träumen kannte. Doch dieses eigenartige Gefühl, dieses unruhige Kribbeln in mir wurde zusehends stärker. Ich konnte nicht mehr stillstehen, wollte mich einfach nur bewegen, und das so schnell wie möglich aus der Stadt hinaus.
Während Devil und seine Soldaten sich weiter berieten, tat ich ein paar Schritte um sie herum, in der Hoffnung, so die steigende Unruhe in mir vertreiben zu können. Dieses ständige Kribbeln wurde tatsächlich ein wenig besser, doch dafür spürte ich nun ganz deutlich etwas anderes. Ich konnte diese Empfindung nicht richtig fassen, fühlte aber, wie sie meinen ganzen Körper durchspülte.
Und plötzlich fand ich mich in einer abgelegenen Gasse wieder. Ich hörte das Stimmengewirr von Passanten, das Schlagen von Hufen und das Hämmern der angrenzenden Schmieden. Ich konnte also nicht weit gegangen sein, dennoch war es mir ein Rätsel, wie ich mich hatte entfernen können, ohne es wirklich wahrzunehmen. Ich hatte doch nur ein paar Schritte um Devil und die Soldaten gehen wollen. Und nun stand ich hier. In einer Gasse, zu der mehrere Hinterhöfe führten. Die Straße war mit groben Pflastersteinen ausgelegt, auf denen man sicher jeden Schritt hörte. Auf den ersten Blick war niemand zu sehen und dennoch wusste ich nur allzu genau, dass ich nicht allein war. Ich musste von hier fort, zurück zu Devil, zurück zu den Soldaten, aber ich war wie gelähmt. Es war mir unmöglich, mich zu rühren. Fast war mir, als könnte ich nicht einmal mehr atmen.
Und genau in dem Moment, als ich den Kopf nach rechts drehte, trat eine Gestalt aus dem Schatten eines Hauses hervor.